Als ich mich freiwillig als Klassensiegerin gemeldet habe, dachte ich eigentlich nicht, dass ich ausgewählt werden würde. Tatsächlich war ich dann aber die einzige, die überhaupt Lust hatte und so gab es kein Zurück mehr. Ich musste meine Klasse (9b) gegen die anderen Klassensiegerinnen und -sieger beim Schulfinale vertreten. Das Thema der Debatte: „Soll bei sportlichen Großveranstaltung auf Nationalflaggen und-hymnen verzichtet werden?“ Dann kam noch ein mehr oder weniger großer Schock; es wurde bekannt gegeben, dass wir unsere Position erst eine halbe Stunde vor Beginn der Debatte zugeteilt bekommen. Somit wusste ich nicht genau, auf welche Argumente ich mich konzentrieren sollte.
Eine Debatte hat gewisse Regeln, es gibt vier Positionen: Pro 1, Contra 1, Pro 2 und Contra 2, nach denen sich die Debattanten/Debattantinnen richten müssen. Außerdem gibt es zeitliche Beschränkungen für die Redebeiträge. Erst kommt von jedem die zweiminütige Eröffnungsrunde, dann folgt die zwölfminütige Offene Aussprache und schließlich hat jede/r noch einmal 60 Sekunden Zeit für die Schlussrede.
Am Tag des Schulfinales, das dieses Jahr leider digital und ohne Zuschauer stattfinden musste, war ich morgens sehr aufgeregt. Ich wurde den Tag über vom Unterricht freigestellt, was cool war, weil ich sonst eine Doppelstunde Mathe gehabt hätte (nichts gegen Mathe, an dieser Stelle 😉 ). Mir wurde die Position Contra 2 per Losverfahren zugeteilt. (Nicht gerade meine Lieblingsposition.) Egal, dachte ich, ich schaffe das schon! Mir war der Sieg auch nicht so extrem wichtig, da die Vorbereitung auf so eine Debatte immer sehr aufwändig ist und ich durch das Homeschooling sowieso schon ziemlich gestresst war. Hätte ich verloren, wäre das schon mal eine Aufgabe weniger gewesen. Habe ich mir zumindest eingeredet. Denn als die Debatte vorbei war und wir Pause hatten während die Jurorinnen und Jurore sich berieten, flammte dann doch noch mein Ehrgeiz auf.
Die Spannung stieg, ich hatte zwar das Gefühl, dass ich nicht schlecht debattiert hatte, andererseits waren die anderen auch sehr überzeugend gewesen…
Letztendlich landete ich aber auf dem ersten Platz, weshalb ich umso glücklicher und stolzer war. Doch auch dieser Erfolg hatte, wie jeder Erfolg, seine Nachteile. Die nächste Streitfrage beim Regionalfinale, an dem alle Schulsiegerinnen und -sieger der teilnehmenden Schulen eingeladen waren, lautete nämlich: „Sollen in Deutschland keine neuen Autobahnen mehr gebaut werden?“ Ehrlich gesagt, fand ich dieses Thema sterbenslangweilig. Wenigstens bekam ich meine Position diesmal zwei Tage vorher. Pro 2 – meine liebste Position, in der ich auch die mündliche Deutscharbeit (eine Debatte) absolviert hatte. Das war eine große Erleichterung! Allerdings wurde natürlich auch diese Runde, das Regionalfinale, online ausgetragen. Um die neue App zu testen, auf der die Konferenz stattfinden sollte, trafen sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Juroren und Springer vorher einmal virtuell. Das war für mich (ein „Technikgenie“ mit zwei rechten Händen (ich bin Linkshänderin), sobald etwas mehr als fünf Tasten hat) und ich denke auch für die anderen Beteiligten überaus hilfreich.
Die Finaldebatte lief aus meiner Sicht trotz des etwas trockenen Themas gut, es entstand ein schöner Redefluss. Während der offenen Aussprache habe ich schon gemerkt, dass mindestens eine meiner „Gegnerinnen“ (wir waren vier Mädchen) dominanter war als ich. Ich denke das war dann auch der Grund, weshalb ich am Ende auf dem dritten Platz landete. Na klar – ein wenig enttäuscht war ich schon, aber wie gesagt, es war kein Weltuntergang für mich und die Siegerin hat den ersten Platz wirklich verdient!
Alles in allem war die Teilnahme an Jugend Debattiert eine tolle Erfahrung, die ich jedem empfehlen kann, der gerne diskutiert und zu seiner Meinung stehen kann. Es macht wirklich Spaß, sich gegenseitig Argumente an den Kopf zu werfen (natürlich auf eine respektvolle höfliche Art und Weise!) und auch während der Debatte Antworten zu improvisieren. Ich werde auf jeden Fall nächstes Jahr in der Altersgruppe 2 versuchen, meinen Titel als Schulsiegerin zu verteidigen und vielleicht sogar auszubauen.
Paula Simon, 9b