Interview mit „unserer“ Vize-Europameisterin

Britta Hogrefe ist ein Star, holt sie hier raus! Wie unsere Lehrerin Badminton-Vize-Europameisterin wurde

Frau Hogrefe ist mit besonderem Erfolg bei den diesjährigen European Senior Championships in der Kategorie Badminton für ihre Altersklasse angetreten und hat sich die Silbermedaille erkämpft. Die Europameisterschaften fanden in Ljubljana, der Hauptstadt Sloweniens, vom 7. bis zum 14. August statt. Nun hat Frau Hogrefe nicht nur den deutschen Meistertitel, sondern ist fortan sogar als Vizeeuropameisterin zu bezeichnen, wozu wir von Herzen gratulieren! Wir sind ausgesprochen stolz und hatten die Möglichkeit, in einem Interview Näheres über sie und ihre Verbindung zum Sport herauszufinden:

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Sieg! Wir interviewen Sie im Namen einiger Interessierten und auch Badminton unerfahrenen Menschen, daher stellen wir Ihnen direkt zu Beginn folgende Frage: Worum geht es im Badminton und wie genau lief das Turnier ab?

Im Badminton geht es darum, den Punkt früher zu machen als der Gegner. Es ist ein sehr schneller und athletischer Sport, es ist sogar die schnellste Rückschlagsportart auf der Welt. Am Ende geht es natürlich darum, Spaß bei so einem Turnier zu haben, mir geht es aber auch um den Wettkampf. Man ist Sportler mit Herz und Blut und möchte dann auch die Spiele gewinnen.

Das Turnier hat am Sonntag gestartet. Ich bin am Samstag in Ljubljana angereist und dann hatten wir ein Teammeeting mit dem deutschen Team, insgesamt waren ungefähr 200 Athleten aus Deutschland dabei, weil viele verschiedene Altersklassen gespielt haben. Es gab immer drei Disziplinen: Doppel, Einzel und gemischtes Doppel. Sonntag waren dann die ersten Spiele. Das Doppel am Sonntag habe ich gewonnen, das Einzel am Montag leider verloren, obwohl ich mir im Einzel viel mehr Chancen ausgerechnet habe, aber ich war sehr nervös. Am Donnerstag war das Viertelfinale, da haben wir ganz knapp gegen zwei Schweizerinnen gewonnen und dann war klar, dass man eine Medaille gewonnen hat, was schon mehr war als ich mir erhofft hatte. Am Samstag war das Finale und da hatten wir Gegner, die wirklich deutlich besser waren als wir und da haben wir nicht gewinnen können, aber ich denke, man kann trotzdem von einem Sieg sprechen, weil ich so etwas noch nie zuvor annähernd erreicht hatte.

Badminton ist eine noch eher seltene Sportart, wie und warum kam es dazu, dass Sie sich mit Badminton befasst haben?

Als ich ein Kind war, habe ich fast jeden Sport ausprobiert, ich habe lange Zeit Fußball gespielt, Volleyball, Tischtennis, Hockey, Handball, alles habe ich ausprobiert. Ich bin in Refrath aufgewachsen und der TV-Refrath hat eine Riesen-Badminton-Abteilung, sodass ich eine gute Förderung hatte, ich konnte jeden Tag trainieren und bekam dadurch die Möglichkeit, wirklich etwas in dem Sport zu erreichen. Ich habe dann viele Jahre lang jeden Tag Badminton gespielt, bis ich nach dem Abitur ins Ausland gegangen bin. Ich bin aber noch mit meinem Verein in die erste Bundesliga aufgestiegen, habe dort jedoch nie fest gespielt, sondern immer ausgeholfen und habe dann in der zweiten Liga gespielt, aber mehr als Hobby neben dem Studium. Seitdem ich arbeite, schaffe ich es auch nur noch einmal die Woche zum Training, aber da ich jetzt schon 30 Jahre im selben Verein spiele, bedeutet es sehr viel für mich.

Können Sie das Gefühl beschreiben, das Sie hatten, als Sie realisiert haben, dass Sie Silber gewonnen haben?

Es ist schwer zu beschreiben… Ich glaube, bis zum Ende war es mir nicht richtig bewusst, bis ich bei der Siegerehrung aufgerufen wurde, aber das entscheidende Spiel war das Viertelfinale, bei dem wir wussten: Jetzt haben wir es geschafft, eine Medaille zu gewinnen. Denn hätten wir im Halbfinale verloren, hätten wir eine Bronzemedaille gewonnen. Wir haben auch vorher gedacht: Vielleicht schaffen wir es ja, was, wenn wir es tatsächlich schaffen? In dem Moment, in dem wir es realisiert hatten, war da nur pure Freude.

Können Sie jungen Badminton-Spielern oder anderen Sportlern etwas raten oder würden Sie Ihrem früheren Ich etwas Wesentliches mitteilen, das es vielleicht hätte hören müssen?

Raten kann ich auf jeden Fall, dass man niemals den Spaß verlieren darf, dass man sich auch niemals von wem anders überreden lassen darf, noch mehr zu trainieren, dass man auf sich selber hören sollte und immer so viel Sport treiben sollte, wie einem selber guttut und dass man nicht unbedingt zu viel macht, denn das kann schon mal dazu führen, dass man mit 20 keine Lust mehr hat. Ich kann auf jeden Fall allen raten, sich ein Hobby zu suchen. Ob es jetzt Sport ist, oder nicht, es ist einfach noch ein Aspekt im Leben, bei dem man Freunde finden kann. Aber wie gesagt: Nur so viel, dass es einem selbst guttut, nicht zu viel machen und auch geduldig sein und dranbleiben. Meinem früheren Ich würde ich gerne sagen, dass ich mich über viele Niederlagen nicht so hätte ärgern sollen. Ich war immer sehr jähzornig, wenn ich verloren habe und habe auch den ein oder anderen Schläger kaputt gemacht, das würde ich nicht nochmal so machen, es geht darum Spaß zu haben, das ist wichtig und dann bleibt man automatisch dabei.

Ist es anstrengend neben dem Beruf als Lehrerin auch noch Leistungssportlerin zu sein?

Ja, es ist anstrengend. Ich trainiere zwar nicht mehr so viel, aber ich mache sehr viel Sport und es ist anstrengend, sich abends aufzuraffen. Ich weiß, dass es mir besser geht, wenn ich beispielsweise vom Joggen zurückkomme. Aber der Arbeitsalltag als Lehrerin ist sehr anstrengend, weil man natürlich viel improvisiert, viel in Bewegung ist und sehr konzentriert dabei sein muss. Wenn ich dann nach Hause komme, habe ich erstmal das Bedürfnis, die Füße hochzulegen und da muss man sich dann aufraffen, weil es einfach wahnsinnig guttut, aber es fällt mir schon schwerer als vor zehn Jahren. Es wird schwerer, den inneren Schweinehund zu überwinden, doch ich glaube, dass ich durch den Sport auch belastbarer bin, weil ich diesen Ausgleich habe.

Streben Sie einen bestimmten Titel als nächstes an?

Keinen Titel, aber ich würde gerne nächstes Jahr bei den Weltmeisterschaften mitspielen, dafür muss ich mich aber im nächsten Frühjahr nochmal bei den deutschen Meisterschaften qualifizieren und unter die ersten vier kommen. Dann dürfte ich die Weltmeisterschaften spielen, die in Südkorea sind, da würde ich gerne dran teilnehmen, wenn es zeitlich klappt mit der Schule, aber dieses Jahr durfte ich ja Gottseidank auch.

Wie gehen sie mit Fans um, die Sie auf der Straße erkennen?

Ist noch nie passiert.

Würden Sie Bilder machen, falls jemand fragt?

Ja, hier in der Schule ist es ja am Freitag passiert, ich habe Bilder gemacht und wurde auch von einem Schüler umarmt, als Zeichen seiner Anerkennung, das habe ich auch mit Freude gemacht, aber ich wurde noch nie auf der Straße erkannt. Ich würde aber Bilder machen, es wird nicht so häufig vorkommen, als dass es mich nerven würde.

Hatten oder haben Sie ein Badminton-Idol?

Im Badminton hatte ich nie die großen Idole, da ich zwar immer sehr viel gespielt, aber sehr wenig Badminton geguckt habe. Viele haben das, aber komischerweise hatte ich nie ein Idol. Um ehrlich zu sein, faszinieren mich Leute, die hohe Berge besteigen, die Ausdauer haben und über ihre Grenzen hinaus gehen.

Gibt es, unabhängig vom Sport, eine Person oder einen Star, mit dem Sie gerne mal etwas trinken gehen würden?

Robbie Williams, nur so, nicht wegen Sport, sondern einfach, weil ich gerne mal mit ihm quatschen würde über das Leben.

Mathe liegt Ihnen offensichtlich auch sehr am Herzen. Wenn Sie sich entscheiden müssten, bis zur Rente Mathe oder Badminton zu unterrichten, wie würde Ihre Entscheidung fallen?

Ich würde Mathe unterrichten.

Warum?

Weil ich wirklich gerne Mathe unterrichte und ich unterrichte auch gerne Schüler, die Probleme damit haben. Wenn ich Badminton unterrichten würde, hätte ich ja immer nur Leute, die das total gerne machen, was bestimmt auch schön ist, aber nicht so eine Herausforderung. Der Reiz liegt bei mir mehr darin, die Schüler zu begleiten, vielleicht auch in einem Fach, das sie nicht so gut können, obwohl ich mich natürlich auch freue, wenn sie es gut können, oder am Ende gut können.

Gibt es eine Message, die Sie an die Welt weitergeben wollen?

Ich finde es wahnsinnig wichtig, dass man, wenn man eine Sache gern macht, am Ball bleibt, sie nicht im Alltagsstress aus den Augen verliert und sich eigene Freiheiten nimmt, solange man damit niemand anderem im Weg steht und das beibehält bis ins höhere Alter.

Von Alina Wölckert, Selin Kaygusuz und Ida Hentschel

Das Interview wurde am Montag den 29.08.2022 geführt.